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Der "Röhm-Putsch" - ein "Schurkenstück" in aller Öffentlichkeit (Seite 154 im Buch)

Der sogenannte „Röhm-Putsch" am 30. Juni 1934, ein halbes Jahr vor der Saarabstimmung, war kein Putschversuch der SA und ihres Führers Röhm – als solcher wurde er von den Mördern hingestellt – sondern die kaltblütig geplante Liquidierung einer innerparteilichen Opposition.

Röhm hatte mit der SA andere Pläne als Hitler und seine Umgebung. Er wollte nämlich mit der 4 Millionen Mitglieder starken Organisation als Basis eine Milizarmee aufstellen und so die „nationalsozialistische Revolution" von der Reichswehr als Wehrpflichtarmee unabhängig machen. Der „graue Fels der Reichswehr" müsse in „der braunen Flut der SA" untergehen, so seine Forderung. Das passte Hitler und seinen Getreuen Himmler, Göring und Goebbels ebensowenig in den Kram wie den Führern der Reichswehr, die sich ebenfalls an der Mordaktion beteiligten und für Unterkünfte, Fahrzeuge und Waffen sorgten. Die SS-Leibstandarde Adolf Hitler unter Führung ihres Kommandeurs Sepp Dietrich war für die „Schmutzarbeit" vorgesehen. Im Laufe des 30. Juni wurden Röhm und die meisten hohen SA-Führer verhaftet. Mit den Worten „Sie sind vom Führer zum Tode verurteilt worden! Heil Hitler!" wurden sie von SS-Kommandos erschossen, Röhm selbst am 01. Juli. Insgesamt wurden bei der Aktion etwa 200 Menschen ohne Gerichtsverfahren innerhalb von 24 Stunden ermordet. Bei dieser Gelegenheit entledigte man sich auch gleich noch anderer innerparteilicher Rivalen und Opponenten wie Gregor Strasser oder des früheren Reichskanzlers General von Schleicher und seiner Ehefrau. Auch die beiden führenden Funktionäre der katholischen Jugendbewegungen „Katholische Aktion", Erich Klausener, und der „DJK", Adalbert Probst, wurden umgebracht. Die Spuren wurden verwischt, Hitler übernahm die Verantwortung und einen Tag später, am 02. Juli 1934, wurde von der Reichsregierung das „Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr" beschlossen, dessen einziger Artikel lautete: „Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni und am 1. und 2. Juli vollzogenen Maßnahmen sind rechtens." Auch über dieses „Schurkenstück" berichteten die St. Wendeler Zeitungen ausführlich.

Mo., 02.07.1934, WNDZtg:
Seite 1, 5-spaltig: „Hitler greift mit aller Strenge durch". „Röhm aus Partei und SA ausgestoßen – 7 SA-Führer erschossen – General von Schleicher bei seiner Verhaftung tödlich verletzt". „Scharfer Befehl zur SA-Säuberung".
Wörtlich 1. Spalte: „Die Reichspressestelle der NSDAP teilt folgende Verfügung des Führers mit: Ich habe mit dem heutigen Tage den Stabschef Röhm seiner Stellung enthoben und aus der Partei und der SA ausgestoßen. Ich ernenne zum Chef des Stabes Obergruppenführer Lutze. SA-Führer und SA-Männer, die seinen Befehlen nicht nachkommen oder zuwiderhandeln, werden aus SA und Partei entfernt bzw. verhaftet und abgeurteilt. Oberster Partei- und SA-Führer. Gez. Adolf Hitler"
In dem Artikel und auch in den Artikeln der folgenden Tage wurde die Ermordung Röhms und anderer SA-Führer als Niederwerfung einer Verschwörung beschrieben.

Mo., 02.07.1934, WNDVobl:
Seite 1, Schlagzeile über die gesamte Seite: „Durchgreifende Säuberung der SA – Eine Verschwörerclique der SA-Führung verhaftet und erschossen". – „Stabschef Röhm und sieben Gruppenführer büßen ihre Untreue mit dem Tode – Auch General Schleicher und Frau sowie Gregor Strasser erschossen".
In dem Kommentar auf der ersten Seite wurden unter der Überschrift „Hitlers Aktion" die Mordtaten gerechtfertigt. Obwohl die Führer der „Katholischen Aktion", Erich Klausener, der an seinem Schreibtisch sitzend ermordet wurde, und der „DJK", Adalbert Probst, unter den Opfern waren, begrüßte der Leitartikler, Schriftleiter Albert Dorscheid, die Bluttaten. „Wir unterstreichen den Willen des Führers, hier gründlich und endgültig Remedur (Abhilfe, Anm. des Verf.) zu schaffen. Hitler sowohl wie Dr. Göbbels bedienen sich des Ausdrucks der Eiterbeule, die seit Wochen zum Aufstechen reif war. Daß die ausländische Presse und mit ihr eine gewisse Presse des Saargebietes sich in wilder und zum Teil wüster Sensationsgier mit den blutigen Ereignissen beschäftigt, kann uns nach all dem, was wir von dieser Presse gewöhnt sind, nicht weiter wundernehmen. Wir bedauern diese Art der Berichterstattung und Stellungnahme im Interesse des deutschen Volksganzen und auch im Interesse unserer engeren Saarheimat. Wir haben heute nur den einen Wunsch, daß auch diese Krise, die so plötzlich und stark über unser heißgeliebtes Vaterland hereingebrochen ist, überwunden werden möge und daß bald überall Ruhe und Ordnung zurückkehren. Wir vertrauen dabei auf Gottes Hilfe und beten zu ihm, damit er seine starke und schützende Hand über Deutschland halte und über das deutsche Volk, das seit 20 Jahren einen Leidensweg geht, wie ihn nur selten in der Geschichte ein Volk zu gehen hatte."
Der Leitartikler des St. Wendeler Volksblattes erbat Gottes Hilfe für ein Verbecher-Regime und beschimpfte die Presseorgane, die entsprechend über die Staatsmorde berichteten. „Diese Art der Berichterstattung" wurde bedauert, die Mordtaten nicht.

Die., 03.07.1934, WNDZtg:
Seite1: Überschrift: „Telegramme und Befehle": Darunter wurden offizielle und amtliche Befehle und Grußadressen abgedruckt. Unter anderem:
„Säuberungsaktion abgeschlossen". Dort hieß es wörtlich über den Röhm-Putsch: „Amtlich wird mitgeteilt: Die Säuberungsaktion fand gestern abend ihren Abschluß. Weitere Aktionen in dieser Richtung finden nicht mehr statt. Somit hat der gesamte Eingriff zur Wiederherstellung und Sicherung der Ordnung in Deutschland 24 Stunden gedauert. Im ganzen Reich herrscht völlige Ruhe und Ordnung. Das gesamte Volk steht in unerhörter Begeisterung hinter dem Führer."

„Telegramm Pirros an den Reichskanzler". „Der Landesleiter der Deutschen Front, Pirro, hat an den Führer folgendes Telegramm gesandt: ‚Das deutsche Saarvolk dankt für Ihr Eingreifen gegen Volksverräter. Es steht in unwandelbarer Treue zu Ihnen und sehnt sich nach baldiger Rückkehr zum Reich'".

„Gauleiter Bürckel schickt ein Telegramm": „Mein Führer! Die Haltung des Gaues Pfalz ist ganz selbstverständlich. Für die Durchführung der Säuberungsaktion dankt das ganze Pfälzer Volk, insbesondere aber aufrichtig die SA des Gaues."

„Frick an die Beamten": Wörtlich darin: „Die Vorgänge des 30. Juni 1934 haben gezeigt, daß vereinzelt Bestrebungen vorhanden gewesen sind, gegen den Willen des Führers eine eigene Politik zu betreiben, damit den Führer und die Reichsregierung in Schwierigkeiten zu bringen und den gesamten nationalsozialistischen Staat zu zerstören. Der NS-Staat ist aber auf unbedingten Gehorsam, Disziplin und Unterordnung unter den Willen des Führers und seine Beauftragten aufgebaut. ..."

Mi., 04.07.1934, WNDZtg:
Seite 1: „Reichskabinett billigt die Maßnahmen der letzten Tage". Das Reichskabinett genehmigte ein „Gesetz über Maßnahmen der Staatsnotwehr", dessen einziger Artikel lautete: „Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni und am 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens."
In dem Artikel hieß es weiter wörtlich: „Der Reichskanzler betonte, daß ein blitzschnelles Handeln notwendig war, weil andernfalls die Gefahr bestand, daß viele Tausende von Menschenleben vernichtet worden wären." Reichswehrminister von Blomberg wurde zitiert, dass er „dem Führer im Namen des Reichskabinetts und der Wehrmacht für sein entschlossenes und mutiges Handeln, durch das er das deutsche Volk vor dem Bürgerkrieg bewahrt habe, (dankte)".

Sa., 14.07.1934, WNDZtg:
Seite 1 und 2: „Hitlers Reichstagsrede über den 30. Juni - Bekanntgabe der Totenziffern". Die gesamte Rede vom 13. Juli vor dem Reichstag wurde wörtlich abgedruckt. Darin gab Hitler die Zahlen der Ermordeteten des „Röhm-Putsches" wie folgt an: 19 höhere SA-Führer, 31 SA-Führer, 3 SS-Führer, 13 SA-Führer und Zivilpersonen, die bei der Verhaftung Widerstand versuchten, 3 Selbstmorde, 5 normale Parteigenossen wurden erschossen wegen Beteiligung und 3 weitere SS-Angehörige. Hitler outete sich in dieser Rede als Mörder und stellt die Morde als Staatsnotstand dar.
Wörtlich sagte er: Ich habe den Befehl gegeben, die Hauptschuldigen an diesem Verrat zu erschießen, und ich gab weiter den Befehl, die Geschwüre unserer inneren Brunnenvergiftung und der Vergiftung des Auslandes auszubrennen bis aufs rohe Fleisch, und ich gab weiter den Befehl, bei jedem Versuch des Widerstandes der Meuterer gegen ihre Verhaftung diese sofort mit der Waffe niederzumachen. Die Nation muß wissen, daß ihre Existenz, ..., von niemanden ungestraft bedroht wird, und es soll jeder für alle Zukunft wissen, daß, wenn er die Hand zum Schlage gegen den Staat erhebt, der Tod sein Los ist. ... Wenn mir entgegengehalten wird, daß nur ein Gerichtsverfahren das genaue Abwägen von Schuld und Sühne hätte vornehmen können, so lege ich gegen diese Auffassung feierlich Protest ein. Wer sich gegen Deutschland erhebt, treibt Landesverrat. Wer Landesverrat übt, soll nicht bestraft werden nach dem Umfange und den Ausmaßen seiner Tat, sondern nach seiner zu Tage getretenen Gesinnung."
Die „St. Wendeler Zeitung druckte dieses Zitat herausgehoben ab. Die LeserInnen der Zeitung konnten es nicht übersehen. Am Schluss des großen Berichtes wurde darauf hin gewiesen, dass die Rede um 10.00 Uhr des Tages auf allen deutschen Radiosendern ausgestrahlt würde.

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