Das alternative Heimatbuch

Unser Verein trat an die Gemeindeverwaltung mit der Bitte heran, ihm die Straßennamen in der Zeit von 1935 bis 1945 mitzuteilen. Leider konnte die Verwaltung keine Auskunft geben, es seien keine Unterlagen vorhanden. Auch im offiziellen Marpinger Heimatbuch ist nichts über Straßennamen der Nazi-Zeit zu finden. Dennoch konnte, dank der erhaltenen NSDAP Parteimitgliederliste und vieler Zeitungsartikel aus der damaligen Zeit, die Benennung der Straßen mit Nazi-Größen lückenlos nachvollzogen werden. Und siehe da, eine Fülle von Straßen war davon betroffen. Schon kurz nach der Abstimmung im Januar 1935 begann man mit der neuen nationalsozialistischen Namensgebung.

Am 10. Mai 1935 konnte man in der „St. Wendeler Zeitung" lesen: „Vonseiten der Bevölkerung wird der Vorschlag gemacht, den „Langenstrang" in „Horst-Wessel-Straße" und die „Treib" in „Adolf-Hitler-Straße" umzubenennen. Weiterhin wünscht man die Umbenennung der Straße „Schmitzecken" in „Wohlfahrtstraße" und die Straße „Im Grund" in „Kapellenweg". Der „Marktplatz" soll die Bezeichnung „Hindenburgplatz" und der Sportplatz „Adolf-Hitler-Kampfbahn" führen."
So geschah es zum größten Teil. Der Marktplatz wurde aber nicht in „Hindenburgplatz" umgetauft, sondern in „Befreiungsplatz", und nicht der Langenstrang wurde zur „Horst-Wessel-Straße", sondern die „Alsbachstraße". Die damalige Straße „Träb" und heutige „Marienstraße" wurde in „Adolf-Hitler-Straße", die vom Kirchberg bis zum Schmitzecken reichte, umbenannt. In der Schulchronik steht, dass diese Umbenennungen schon zum 01. März 1935, dem offiziellen Rückgliederungstag, veranlasst wurden, aus dem „Niederschriftenbuch des Bürgermeisters von Marpingen 1935 - 1953" geht hervor, dass die „Träb-Straße" und der „Platz in der Dorfmitte" am 10 Januar 1936 umbenannt wurden. Jedenfalls hießen die heutige „Urexweilerstraße" „Hermann-Göring-Straße", benannt nach Hitlers „Reichsmarschall", der 1945 wegen Völkermordes zum Tode durch den Strang verurteilt wurde, die heutige „Alsbachstraße" „Horst-Wessel-Straße", benannt nach dem nationalsozialistischen „Märtyrer", der auch dem gleichnamigen heute verbotenen Lied den Namen gab, und die „Josef-Bürckel-Straße" in der neuen Siedlung wurde benannt nach dem ersten Gauleiter des neugeschaffenen Gaues Saar-Pfalz. Die „Hindenburgstraße", die heutige „Alsweilerstraße", erinnerte an Hitlers Steigbügelhalter, den Feldmarschall des ersten Weltkrieges, der „Befreiungsplatz" an den 13. Januar, den Tag der Saarabstimmung, der als Tag der Befreiung galt, und last not least taufte man die „Lebensader" im Zentrum des Dorfes, die heutige „Marienstraße", „Adolf-Hitler-Straße". Die Schulchronik berichtet noch, dass Anfang 1938 die letzten umbenannten Straßen ihre neuen Schilder erhalten hätten, „eine Maßnahme, die schon länger fällig war und auch zu Verschönerung des Ortsbildes beiträgt", hieß es wörtlich.

Hier zusammengefasst die Marpinger Straßen, die damals umgetauft bzw. neu benannt wurden:
heutige Alsweilerstraße................................... Hindenburgstraße
heutige Urexweilerstraße................................. Hermann-Göring-Straße
heutige Marienstraße....................................... Adolf-Hitler-Straße
heutige Ringelgasse........................................ Hermann-Löns-Straße
heutige Berschweilerstraße.............................. Langemarkstraße
heutige Friedrichstraße / Glück-auf-Straße ...... Josef-Bürckel-Straße
heutige Alte Kloster Straße.............................. Schulstraße
heutige Alsbachstraße..................................... Horst-Wessel-Straße
heutige Am Marktplatz..................................... Befreiungsplatz

Mit der Befreiung Marpingens sind alle Nazi-Straßennamen verschwunden. Höchstwahrscheinlich wurden die Schilder schon vor dem Einmarsch der Amerikaner von den Marpinger Bürgern entfernt, da man sich schlecht vorstellen kann, dass etwa das Straßenschild mit dem Namen „Adolf Hitler-Straße" noch beim Einmarsch der amerikanischen Soldaten aufgehängt gewesen war. Weder die Schulchronik noch das Beschlussbuch des Gemeinderates geben darüber Auskunft, auch nicht darüber wann und wie die Straßen neu benannt wurden. Jedenfalls hieß am 21. Januar 1947 die ehemalige „Adolf-Hitler-Straße" und heutige „Marienstraße" „Brückenstraße". Und der Gemeinderat beschloss an diesem Tag unter Tagesordnungspunkt 4, diese nach dem SPD-Mitglied und Widerstandskämpfer Alois Kunz, der in Auschwitz ermordet wurde, in „Alois-Kunz-Straße" umzubenennen. Leider wurde der Beschluss aber bis heute noch nicht ausgeführt.

Nazi-Straßennamen in Urexweiler:
In Urexweiler hieß (von Marpingen kommend) der vordere Teil der Durchgangsstraße „Adolf-Hitler-Straße", heute „Hauptstraße", und die heutige „Knoppstraße" „Horst-Wessel-Straße". Die heutige „Illbachstraße" und die Straße „Im Eck" waren die „Dr.-Josef-Goebbels-Straße", die 1938 ausgebaut wurde. Daneben gab es in dem Marpinger Ortsteil einen „Platz der Deutschen Front", eine „Hermann-Göring-Straße", eine „Himmler-Straße" - benannt nach dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler - und eine „Bürckel-Straße". Auch eine „Hindenburgstraße" (hinterer Teil der Durchgangsstraße von Marpingen kommend) fehlte nicht. Letztere und die „Adolf-Hitler-Straße" erhielten in der Gemeinderatssitzung vom 31. März 1935 ihre neuen Namen, die übrigen wurden in der Sitzung vom 10. Oktober 1936 umbenannt. In dieser Sitzung wurde auch die Anschaffung der emaillierten Straßenschilder beschlossen.
Alle Straßen mit Nazi-Namen wurden in der „Ersten Beratung" nach dem Einmarsch der Amerikaner am 17. April 1945 wieder umbenannt.

Die Urexweiler Straßen, die damals umgetauft bzw. neu benannt wurden noch einmal im Überblick:
heutige Hauptstraße, vorderer Teil ............. Adolf-Hitler-Straße
heutige Hauptstraße, mittlerer Teil ............. Franz-Rudolf-Straße
heutige Hauptstraße, hinterer Teil .............. Hindenburgstraße
heutige Buchwaldstraße ............................ Hermann-Göring-Straße
heutige Illbachstraße ................................. Dr.-Josef-Goebbels-Straße
heutige Dillwiesstraße ............................... Heinrich-Himmler-Straße
heutige Königstraße .................................. Josef-Bürckel-Straße
heutige Knoppstraße ................................. Horst-Wessel-Straße
heutige Am Alten Markt (?) ........................ Platz der Deutschen Front

Alsweiler:
Im Alsweiler Heimatbuch von 2004 ist zu lesen:
„... In der Folge werden verschiedene Straßen nach NSDAP-Führern benannt, so heißt die Dorfstraße - Adolf-Hitler-Straße, die Hübelstraße - Hermann-Göring-Straße und die Reitersbergstraße - Joseph-Bürckel-Straße."
Daneben gab es in Alsweiler auch noch eine „Hermann-Löns-Straße".
Leider können für Alsweiler die weiteren Umbenennungen nicht identifiziert werden.