Je länger der Krieg dauerte und je zahlreicher die Fronten wurden, an denen die Soldaten Hitler-Deutschlands kämpften, um so mehr Soldaten wurden natürlich benötigt. Bereits Ende 1941, ein halbes Jahr nach Beginn des Russlandfeldzuges waren 831.000 deutsche Gefallene, Vermisste und Verwundete zu verzeichnen und bis Frühjahr 1942 gingen weitere 900.000 Mann verloren. Das hatte zur Folge, dass in der heimischen Wirtschaft, insbesondere in der Rüstungsindustrie und in der Landwirtschaft, in zunehmendem Maße ein großer Mangel an Arbeitskräften entstand. Schon kurz nach Beendigung des Polenfeldzuges begann man in mehreren „Rekrutierungswellen" polnische Kriegsgefangene und Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland zu schaffen. Zum größten Teil wurden die Menschen von der Straße weg eingefangen und gegen ihren Willen nach Deutschland deportiert. 1,5 Millionen Zivilisten und 500.000 Kriegsgefangene aus Polen waren in Deutschland zur Zwangsarbeit eingesetzt. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Sommer 1941 wurden weitere 2,8 Millionen Menschen als „zivile Ostarbeiter" ins Reich deportiert, dazu kamen ab der Jahreswende 1941/42 Millionen von russischen Kriegsgefangenen - nachdem man bis dahin mehr als 2,5 Millionen von ihnen hatte krepieren lassen oder sie planmäßig ermordet hatte - sowie Kriegsgefangene anderer Länder. Man schätzt, dass weit mehr als 7 Millionen ausländische Männer und Frauen während des Krieges in Deutschland gegen ihren Willen Zwangsarbeit verrichten mussten.
Die im Saargebiet eingesetzten ausländischen Arbeitskräfte, Zivilarbeiter und Kriegsgefangene, schätzt man auf mehr als 70.000 Menschen, wobei am Stichtag 01. Juni 1944 davon 45.076 Zivilarbeiter waren. Die stärkste Gruppe stellten dabei die Russen, gefolgt von Franzosen, Polen und Italienern, die nach der Kriegserklärung Italiens an Hitler-Deutschland im Herbst 1943 verstärkt zu Zwangsarbeiten herangezogen wurden.
Die Einsatzbereiche für die Zwangsarbeiter im Saarland waren ganz am Anfang im Jahre 1940 auch Einsätze im Westwallbau, die Ende 1940 beendet wurden, und gegen Ende des Krieges vermehrt Schanzarbeiten und Beseitigung von Kriegsschäden. Überwiegend wurden sie aber in der Landwirtschaft und in der Kriegsproduktion eingesetzt. Letzteres bedeutete im Saarland Arbeiten im Bergbau und in der Eisen- und Stahlindustrie sowie im Kreis St. Wendel auch im Reichsbahnausbesserungswerk in der Kreisstadt. Wie wichtig die Zwangsarbeiter für die Saarwirtschaft waren, zeigen z.B. folgende Zahlen über die Belegschaftsstärken bei Saarberg und in der Eisen- und Stahlindustrie:
Im August 1944 arbeiteten bei Saarberg neben der Stammbelegschaft von 38.311 einheimischen Arbeitern insgesamt 14.837 Zwangsarbeiter und in der Eisen- und Stahlindustrie waren im Februar 1944 von insgesamt 49.941 Beschäftigten 17.475 Zwangsarbeiter eingesetzt. Ohne die Zwangsarbeit wäre die deutsche Wirtschaft nicht in der Lage gewesen, so lange für den Krieg zu produzieren.
Die Bedingungen, unter denen die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter leben und arbeiten mussten, waren weit schlechter als die vergleichbarer deutscher Arbeitskräfte. Am besten hatten es meist noch diejenigen, die in der Landwirtschaft tätig waren, da sie überwiegend bei den Landwirten lebten und dort normalerweise gut behandelt wurden. Diejenigen, die in Lagern untergebracht waren, hatten dagegen weitaus schlechtere Lebensbedingungen. In den meisten Unterkünften fehlte es an ordentlichen Waschgelegenheiten, Desinfektionseinrichtungen und Möglichkeiten zum Ausbessern der Kleidung, und im Winter mangelte es an Heizmaterial und Wolldecken. So ist es nicht verwunderlich, dass in vielen Lagern die Sterblichkeit eine sehr hohe war, insbesondere gegen Ende des Krieges, als im letzten Kriegswinter viele Zwangsarbeiter zu Schanzarbeiten herangezogen wurden.
Insbesondere polnische Zwangsarbeiter(innen) wurden aufs Übelste diskriminiert.
Polen mussten auf ihrer Kleidung „ein stets sichtbares, mit der jeweiligen Oberkleidung fest verbundenes Abzeichen ( „P") auf der rechten Brustseite" tragen, Ostarbeiter ein „Ost". Darüber hinaus wurde das Sonderstrafrecht, das seit dem 04. Dezember 1941 für Polen in den annektierten Gebieten Gau Wartheland und Gau Danzig-Westpreußen galt, auch auf polnische Fremdarbeiter im ganzen Reichsgebiet ausgeweitet. Danach hatten Polen eine „unbegrenzte Gehorsamspflicht" gegenüber dem „Deutschen Volke" und für „Delikte" wie „hetzerische Betätigung einer deutschfeindlichen Gesinnung" oder „deutschfeindliche Äußerungen" war die Todesstrafe vorgesehen. Dieses Sonderstrafrecht wurde ab Januar 1942 auch auf „Taten" ausgedehnt, die schon vor dem Erlass der Verordnung begangen worden waren. Mit der Todesstrafe bedroht wurden auch polnische Zivilarbeiter, die „mit einer deutschen Frau oder einem deutschen Mann geschlechtlich verkehrt(en) oder sich ihnen sonst unsittlich nähert(en)"
Allen Betreibsführern, die Zwangsarbeiter(innen) beschäftigten, wurden diese Merkblätter ausgehändigt, die nichts anderes waren als ein Aufruf zu Völkerhass und Rassismus. Hier ein Beispiel:
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(Quelle: "Marpingen und der Kreis St. Wendel unter dem Hakenkreuz")
In der Gemeinde Marpingen waren insgesamt mindestes 71 Menschen als zivile Zwangsarbeiter(innen) beschäftigt. Dazu kamen noch mindestens 31 Kriegsgefangene.
Hier die Namen der zivilen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, die während des 2. Weltkrieges in der Gemeinde Marpingen beschäftigt waren:
Ortsteil Alsweiler:
Insgesamt waren in Alsweiler während des Krieges 14 Zivilisten zwangsweise beschäftigt. Ihre Nationalität konnte nicht ermittelt werden, aber aus den Namen und aus der Zusammensetzung der Zwangsarbeiter in den anderen Dörfern der Bürgermeisterei kann geschlossen werden, dass sie entweder aus Polen oder der UDSSR kamen. Ebenso wurden keine Informationen über ihre Aufenthaltsdauer gefunden. 7 der Beschäftigten waren Frauen, was eindeutig aus den Vornamen abzulesen ist. Der oder die Jüngste war im März 1945 gerade einmal 17 Jahre alt. Alle waren bei ihren Arbeitgebern untergebracht.
Name, Vorname |
Nationalität |
Geb.dat. / Alter / Geb.ort |
Arbeitgeber, Adresse, (Haus-Nr.) |
Bojko, Michael |
?
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26.07.1914 |
August Brill |
Bojtchuk, Iwan |
?
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21.06.1916 |
Richard Trapp |
Duskzatschek, Maria |
? |
? |
Peter Trapp |
Iwachno, Canna |
? |
? |
Peter Marx |
Kiszka, Katharina |
? |
? |
Fritz Groß |
Kletschkowa, Marika |
? |
? |
Willi Brill |
Kurasek, Jaroslaw |
? |
28.06.1921 |
Wtw. Holzer |
Owitke, Elias |
?
|
24.07.1904 |
Johann Holzer |
Paladiark, Michel |
? |
21.11.1921 |
Jakob Eckert |
Procyzyon, Nikola |
? |
04.12.1927 |
Jakob Laub |
Slewig, Viktoria |
? |
? |
Jakob Hoffmann |
Tanczak, Jewska |
? |
1909 |
Wendel Gillen |
Woloschyn, Josef |
? |
16.03.1921 |
Michel Morsch |
Zelesejenke, Pelagia | ? |
? |
Jakob Recktenwald |
(Quelle: "Marpingen und der Kreis St. Wendel unter dem Hakenkreuz")
Ortsteil Marpingen
In Marpingen waren während des Krieges insgesamt 23 Zivilisten zwangsweise beschäftigt, 10 Frauen und 13 Männer. Die Nationalität konnte nicht bei allen festgestellt werden, jedoch kann man davon ausgehen, dass alle aus den besetzten Gebieten Polens oder der UDSSR kamen. Auch über Alter und Aufenthaltsdauer konnten für die Marpinger zivilen Zwangsarbeiter nur lückenhafte Informationen herausgefunden werden.
Name, Vorname |
Nationalität |
Geb.dat. / Alter / Geb.ort |
Arbeitgeber, Adresse (Haus-Nr.) |
Beschäftigungsdauer |
Burger (Buretsch), Paul |
Polen (UDSSR / Ukraine) |
03.08.1919 / 26 Jahre / Wolsche (Wolzo) |
Friedrich (Fritz) Schu, Eulenwaldstraße 14 |
April 1943 - Ende 1945 |
Danik, Nastja |
?
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? |
Johann Klein |
? |
Depieke, Max |
?
|
? |
Peter Brill |
? |
Grzegoz (Gregorow) (Fritz) |
Polen |
31.03.1925/ 20 Jahre / Nowostatia |
Heinrich Gessner, Marktstraße 2 |
07.07.1941 - Ende 1945 |
Hora, Helga |
UDSSR / Ukraine |
? |
Alfons Scherer, Neugasse 7 |
? |
Kosyk, Josef |
UDSSR / Ukraine |
? |
Heinrich Gessner, Marktstraße 2 |
? |
Kuczera, Mytro |
?
|
? |
Wtw. A. Kunz |
? |
Meteychyn, Peter |
? |
? |
Michel Pirro |
? |
Michaltsche, Josef |
? |
? |
Wtw. Recktenwald |
? |
Nahornak, Werra |
? |
? |
Wtw. Recktenwald |
? |
Nikolaja, Maria |
?
|
? |
Paul Frank |
? |
Nikoly, Fritz |
?
|
? |
Peter Kunz |
? |
Pastuo, Walter |
?
|
? |
Joh. Peter Gilges |
? |
Patschka, Maria |
? |
? |
Peter Kennerknecht |
? |
Pawlikowitsch, Nadja |
? |
? |
Jakob Becker |
? |
Piwack, Maria |
?
|
? |
Wtw. Hubertus |
? |
Sarafina, Kot. |
?
|
? |
Peter Klees |
? |
Schwetschuk, Luba |
? |
? |
Reinhold Fuchs |
? |
Stupak, Anna |
?
|
? |
Richard Scherer |
? |
Szabah, Gregor |
? |
?
|
Albert Leist |
? |
Winiarzcik, Stanislawa |
Polen |
? |
Wtw. Karl Schmidt, Viktoriastr. 31 |
1944 - ? |
Wschetion, Josef |
? |
? |
Friedrich Thome |
? |
Zbigniew, Uszyi |
? |
?
|
Alois Gilges |
? |
(Quelle: "Marpingen und der Kreis St. Wendel unter dem Hakenkreuz")
Ortsteil Urexweiler
In Urexweiler waren insgesamt 34 zivile Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter während des Krieges beschäftigt. 10 von ihnen waren Frauen. Alle kamen aus Polen oder der UDSSR und waren bei ihren landwirtschaftlichen Arbeitgebern untergebracht.
Name, Vorname |
Nationalität |
Geb.dat. / Alter / Geb.ort |
Arbeitgeber, Adresse, (Haus-Nr.) |
Beschäfti |
Babenjuk, Senka |
Polen (UDSSR / Ukraine) |
? / ca. 34 Jahre / Nähe Lemberg / Galizien |
Johann Mailänder, Hirzweilerstraße 5 |
April 1943 - November 1943 |
Beutelsacher, Jakob |
? |
? |
Franz Schorr, Friedhofstraße 9 |
? |
Bondarewa, Maria |
? |
? |
Paul Spaniol, Friedhofstraße 15 |
? |
Dimitrop, Medre (Madre) |
UDSSR / Ukraine |
? / ca. 17 Jahre |
Nik. Spaniol, Friedhofstraße 8 (5) |
18.07.1944 - April 1945 (Nov. 1945) |
Dock , Michael |
? |
? |
Peter Jos. Brehm, Schloßstr. 18 |
? |
Drumerewsky Andreas |
Polen
|
geboren 1928 / Kreis Stanislaus |
(Joh.) Nikolaus Aug. Brehm, Knoppstr. 6 |
01.03.1943 - 01.05.1945 |
Ewstratow, Stanislaus |
? |
? |
Paul Spaniol, Friedhofstraße 15 |
? |
Goreski, Josef |
? |
? |
Robert Becker, Gartenstraße 17 |
? |
Grezny, Nikolai |
UDSSR / Ukraine |
? |
Josef Dörr, Schloßstraße 22 |
? |
Horedienko, Nikolaus |
? |
? |
Jakob Huber, Eckstraße 14 |
? |
Iwanez, Helene (Leni) |
UDSSR / Ukraine |
? |
Nik. Spaniol, Friedhofstraße 8 |
? |
Klimm, Michael |
? |
? |
Franz Huber, Hauptstraße 35 |
? |
Konjuk, Sonja |
Polen (UDSSR / Ukraine) |
23.04.1925 / Nähe Lemberg / Galizien |
Paul Spaniol, Friedhofstraße 15 ( Jos. Recktenwald, Eckstraße ) |
28.07.1942 - Juni 1945 |
Koranior, Rudricko |
? |
? |
Peter Hinsberger, Schloßstraße 16 |
? |
Kosik, Josef |
UDSSR / Ukraine |
? / 15 Jahre |
Schäfergemeinschaft Urexweiler |
Januar 1943 - November 1943 |
Kossar, Stanislaus |
Polen (UDSSR / Ukraine) |
? / 21 Jahre / Nähe Lemberg / Galizien |
Nik. Paul Brehm, Hauptstr. 62 (41) |
27.08.1942 - Juni 1945 |
Kutzycki, Josef |
? |
? |
Johann Groß, Schalksbergstraße 5 |
? |
Morosow, Iwan |
UDSSR / Ukraine |
? |
Joh. Nikolaus Brehm, Hauptstr.62 |
01.08.1943 |
Myschtschant |
? |
? |
Andreas Reis, Schalkbergsstraße 2 |
? |
Pane(c)ke, Emilia |
Polen |
? / ca. 18 Jahre / Bernadowka / Galizien |
Nikolaus Spaniol, Friedhofstraße 8 (5) |
Juni 1942 - November 1943 |
Petrenko, Nadia (Natalia) |
UDSSR / Ukraine |
? / ca. 20 Jahre |
Nik. Spaniol, Friedhofstraße 8 (5) |
15.12.1944 - April 1945 |
Polanska, Sophie |
Polen |
? / ca. 23 Jahre / Galizien |
Nik. Spaniol, Friedhofstraße 8 (5) |
November 1944 - März 1945 |
Prystasch, Michael |
? |
? |
Nickolaus Picke, Hauptstraße 33 |
? |
Rischuk, Nazia |
? |
? |
Pet. Recktenwald, Eckstraße 24 |
? |
Rutnitzky, Baranja |
Polen / (UDSSR / Ukraine)
|
30.03.1925 / 20 Jahre / Wianzowa bei Lemberg / Galizien |
Peter Hinsberger, Schloßstraße 16 |
Juni (Juli) 1942 - ? |
Shumbas Wassil |
UDSSR / Ukraine |
? / ca. 20 Jahre |
Josef Holzer, Knoppstraße 35 |
Mai 1942 - 22.06.1945 |
Seneck, Feodor |
? |
? |
Peter Hinsberger, Schloßstraße 16 |
? |
Slabe, Wassil |
? |
? |
Nikolaus Brehm, Eckstraße |
? |
Terefruck, Katharina |
? |
? |
Josef Dörr, Schloßstraße 22 |
? |
Ursulak, Pedro |
Polen (UDSSR / Ukraine ) |
? / ca. 24 Jahre / Lemberg / Galizien |
Wtw. Lina Recktenwald, Friedhofstraße 1 |
April 1943 - Juni (Juli) 1945 |
Weikum, Johann |
? |
? |
Nik. Spaniol, Friedhofstraße 9 |
? |
Wyschoreck, Andrey (Renko) |
Polen (UDSSR / Ukraine) |
? / 24 Jahre / Lemberg / Galizien |
Johann August Brehm, Knoppstraße 6 |
27.04. (05.)1944 - 16.05.1945 |
Wollosge, Drytro |
? |
? |
Jakob Huber, Eckstraße 14 |
? |
Zywottke, Franz |
Polen (UDSSR / Ukraine) |
? / ca. 41 Jahre / Sparas / Galizien |
Nikolaus Hinsberger, Schloßstraße 16 |
Juni 1942 - November 1943 |
(Quelle: "Marpingen und der Kreis St. Wendel unter dem Hakenkreuz")
Literaturhinweis:
- Krämer, Hans-Henning/Plettenberg, Inge, "Feind schafft mit - Ausländische Arbeitskräfte im Saarland während des Zweiten Weltkrieges", Ottweiler 1992
- Wagner, Eberhard, "Marpingen und der Kreis St. Wendel unter dem Hakenkreuz", St. Ingbert 2008